Presseberichte

Neues Leben für kleine und große Patienten

Der Seligenstädter Verein Pro Interplast unterstützt mithilfe von Spenden Ärzteeinsätze in Dritte-Welt-Ländern und trägt dazu bei, die medizinische Versorgung der Ärmsten zu verbessern bzw. überhaupt erst zu ermöglichen. Im Jahresbericht blickt der Vorstand um Reinhilde Stadtmüllerauf die Projekte des vergangenenJahres zurück. Der Verein Pro Interplast hat im zurückliegenden Jahr 24 Einsätze von Ärzten in den ärmsten Ländern der Welt finanziert. Darüber hinaus unterstützt der Verein mithilfe von Spendengeldern verschiedene Projekte in Indien und Afrika. 

Darüber hinaus unterstützt der Verein mithilfe von Spendengeldern. Eines davon ist das Waisenhaus in Ngaoundéré in Kamerun, das bedürftige Kinder in akuten Notlagenund langfristig mit Unterkunftund Verpflegung hilft.

In Indien engagiert sich der Verein für das St. Thomas Home, ein Krankenhaus in Kalkutta für Frauen mit schwerer Tuberkulose. Dort
sind rund 45 Patientinnen aus Familien der schwächsten sozioökonomischen Schicht in Behandlung. Diese dauert oft viele Monate, bei
manchen über ein Jahr. Dieses Krankenhaus ist komplett auf Spenden aus Deutschland angewiesen.


Seit 25 Jahren unterstützt pro Interplast „Howrah South Point“ bei Kalkutta, insbesondere durch die Maßnahme „Einmal am Tag eine warme Mahlzeit“. Die Einrichtungkümmert sich um Menschen,die sozial abseits stehen, behindert sind. In der angegliederten Kinderstati on werden schwer kranke Kinder versorgt sowie vor und nach Herzoperationen betreut. Vom Outdoor-Programm in Jalpaiguri hat sich Vorsitzende Reinhilde Stadtmüller während eines privaten Urlaubs in Nordindien selbst ein Bild gemacht. Dort werden Kinder mit Behinderungen medizinisch und physiotherapeutischversorgt. Die Gegend ist sehr arm. „Ich dachte, ich weiß, was uns dort erwartet, aber die Realität war bewegend und hart“,schildert Reinhilde Stadtmüllerihre Eindrücke. „Die unzähligen Bettler an den Straßenrändern, bettelnde Kinder an Straßenkreuzungen,die sich ihr Bettelgeld mit einem Handstand verdienenwollten, setzten uns sehr zu.“

Schließlich unterstützt Pro Interplast durch die sogenannte Familienhilfe viele Kinder und Jugendliche, die sonst aufgrund der katastrophalen sozialen Verhältnisse ihrer Herkunftsfamilie keine Schulausbildung genießen könnten. Eine ganze Reihe von Kindern lebt auch in einfachen Internaten der anglikanischen Kirche in Kalkuttaund geht von dort aus zur Schule. Viele haben vorher mit ihrer Familie auf der Straße gelebt oder schlicht gehungert, da kein Vater da war, der Geld verdient.


In Howrah bei Kalkutta ist der Arzt Dr. Tobias Vogt stationiert. Mit ihm und der Organisation „German Doctors“ arbeitet Pro Interplast inzwischenseit 17 Jahren zusammen. Im Zeitraum zwischen Dezember 2016 und Oktober 2017 zählt Dr. Vogt 64 Operationen, die für nahezu alle Patienteneine lebensentscheidende und oft lebensrettende Hilfe darstellten. „Viele Patienten wären ohne diese Operationen verstorben oder hätten ihr gesamtes weiteres Leben in einem miserablen körperlichen Zustand verbracht– gelähmt, kurzatmig,blind, mit kaputten Knochenoder durch Verbrennungsnarben entstellt“, resümiert der Arzt.
Die zahlenmäßig größte Gruppe sind Patienten mit einer Tuberkulose der Wirbelsäule. Insgesamt 16 Patienten mit diesem Krankheitsbildkonnten erfolgreich operiert werden. Die Tuberkulose ist eine Infektionskrankheit, die Millionen von Menschen auf
der ganzen Welt befällt, aber in Deutschland weitgehend vergessen ist, weil sie die eigene Bevölkerung nicht betrifft. Eine Lungentuberkulose ist so etwas wie eine sehr hartnäckige Lungenentzündung und zerstört Teile der Lunge, insbesondere wenn sie zu
spät oder nicht richtig behandelt wird. Tuberkulose kann sich aber auch in anderen Körperteilen ausbreiten, und eine besonders gefährliche Variante ist die Tuberkulose der Wirbelsäule. Sie verursacht nicht nur starke Schmerzen, sondern greift das Rückenmark an, was zu Lähmungen führen kann.
Die zweitgrößte Gruppe an Patienten mit einem ganz bestimmten Krankheitsbild ist die mit großen Lymphknotenpaketen
am Hals. Auch hier ist oft eine Tuberkulosedie Ursache. Beispielhaft schildert Dr. Vogt das Schicksal der 16-jährigen Payel Pramanick,
die aus „ganz furchtbaren sozialen Verhältnissen“ kommt. Da sie Vollwaise ist und nur zur Haushaltsarbeit herangezogen wird, hat
sie nie eine richtige Kindheit bzw. nennenswerte Schulbildung gehabt. Bei Payel bestand eine Lymphknotentuberkulose, und nach einer
beidseitigen Halsoperation und sechsmonatiger Therapie im St. Thomas Home ist sie ausgeheilt wieder nach Hause gegangen. In der Zeit im Krankenhaus hat sie auch Kurse zur Alphabetisierung und an der Nähmaschine durchlaufen.
Die drittgrößte Patientengruppe sind herzkranke Kinder und Erwachsene. Zum Teil besteht der Herzfehlerschon von Geburt an, bei anderen handelt es sich um Herzklappenveränderungen, die erst im Laufe des Lebens entstanden sind. In diesem Jahr zählt Dr. Vogt neun dieser Operationen. „Gerade für die Kinder mit angeborenen Herzfehlern ist die Operationso etwas wie eine zweite Geburt.“
Vorher waren sie kurzatmig, sind blau angelaufen, ihre Beweglichkeit war eingeschränkt. Nun können mit den anderen Kindern rennen
und Treppen steigen, ohne Luftnot zu bekommen. Über die medizinische Hilfe hinaus hat Pro Interplast indiesem Jahr 2000 Moskito-
Netze zum Schutz vor der Dengue-Epidemie zur Verfügunggestellt, die Kalkutta jedes Jahr im Spätsommer heimsucht. Wie Malaria wird
Denguefieber durch Moskitostiche übertragen. Moskitonetze, die über das ganze Bettgespannt werden, sind ein effektiver Schutz. „Die hiesigenFamilien haben ja üblicherweisenur ein Bett für alle“, erzählt Tobias Vogt. „Deswegen können unsere sechs
Quadratmeter Fläche abdeckenden Moskitonetze eine ganze Familie schützen.“